Ein Musikfeature begibt sich auf die Spuren einer jüdischen Kulturmanagerin
Ein Leben, das fast nur noch in Briefen dokumentiert ist und von dem nicht einmal genaue Todesumstände bekannt sind. Dieses Musikfeature holt eine Persönlichkeit aus dem Dunkel des Vergessens, die zahlreiche prominente Künstler, vor allem Musiker, ihrer Zeit kannte und, wie der Briefwechsel widerspiegelt, zum Beispiel jahrzehntelang dem Komponisten Ernst Krenek verbunden war.
Emmy Rubensohn, Mädchenname Frank, wurde 1884 in Leipzig geboren. In Kreneks Autobiographie ist zu lesen, dass sie „aus einer jüdischen Familie von intellektuellem und gesellschaftlichem Niveau“ stammte. Sie hatte Interesse an geistigen und künstlerischen Aktivitäten und förderte die Kunst, insbesondere die Musik. In Kassel, der Heimatstadt ihres Ehemanns Ernst Rubensohn, wohnte das Paar in einer Villa auf dem innerstädtischen Weinberg unter der Adresse Terrasse 13.
Dauergast Ernst Krenek
Und dort im heimatlichen Haus hatte sie Mitte der 1920er Jahre Anteil am städtischen Musikleben, womit sie ins Licht der Überlieferung tritt: Emmy Rubensohn nahm den jungen Komponisten Ernst Krenek, der als musikalischer Assistent des Opernintendanten Paul Bekker an die Fulda gekommen war, für ein gutes Jahr in ihr Haus auf. Krenek wollte Oskar Kokoschkas Drama „Orpheus und Eurydike“ als Oper auf die Bühne bringen. Kokoschka arbeitete in diesem Stück seine leidenschaftliche, verunglückte Beziehung zu Alma Mahler...▸ weiterlesen
Zum 20. Todestag: Erinnerung an Alte-Musik-Pionier August Wenzinger
Heute nur noch Wenigen bekannt ist der Schweizer Cellist, Gambist, Dirigent, Musikforscher und Pädagoge August Wenzinger (1905-25.12.1996). Er zählt zu den frühesten Pionieren des Spielens Alter Musik in der historischen Aufführungspraxis. Sein zwanzigster Todestag war für die Samstagabendsendung auf NDR Kultur Anlass, an diesen außergewöhnlichen Musiker und die Zeitumstände seines Wirkens zu erinnern. Im Zentrum der Sendung steht ein (nunmehr selber historisch gewordenes) Gespräch, das Hans-Heinrich Raab im Oktober 1990 mit August Wenzinger kurz vor dessen 85. Geburtstag in Wenzingers Haus in Basel führte.
August Wenzinger wurde 1905 in eine musizierende Familie hineingeboren, in der ihm, wie er erzählt, als Instrument das Cello zugewiesen wurde, das er mit neun Jahren zu spielen begann und auf dem er schnell Fortschritte machte. Er wollte dann auch Berufsmusiker werden und ging folgerichtig in Basel ans Konservatorium. Wenzingers musikalischer Werdegang in jungen Jahren wurde dann, wie er es im Gespräch ausdrückt, von dem Trauma geprägt, das der Erste Weltkrieg mit seinen ganz neuen „Vernichtungsmitteln“ wie dem Gaskrieg ausgelöst hatte. Die Jugend sah „Zeichen, dass die alte Generation abgewirtschaftet hatte“. Auf musikalischem Gebiet bedeutete das eine Abgrenzung von Romantik und Spätromantik. Wenzinger erinnert sich – es mag das Jahr 1924 gewesen sein – an...▸ weiterlesen
Die Jahre von Clara und Robert Schumann in Düsseldorf – Feature-Premiere
Seit 2008 erscheint eine neue, auf 50 Bände angelegte Gesamtausgabe der Briefe von Clara und Robert Schumann. Sie erweitert bzw. erneuert unter anderem die Kenntnisse zu den Düsseldorfer Jahren des Künstlerehepaares. Eva Weissweiler, Clara-Schumann-Biographin und Mitherausgeberin des frühen Briefwechsels zwischen Robert und Clara bis 1839, konzentriert sich in dieser klangschönen Feature-Produktion auf eben diese, die rheinische Zeit der Familie Schumann von 1850 bis 1854.
Es ist Ferdinand Hiller, städtischer Musikdirektor in Düsseldorf, der Ende 1849, weil er nach Köln wechselt, Robert Schumann als seinen Nachfolger vorschlägt. Die Entscheidung für Düsseldorf wird von Clara maßgeblich befürwortet. Nach ihrer Ankunft Anfang September 1850 findet Clara die Stadt unkomfortabel und trostlos. Es ist schwer, eine geeignete Wohnung zu finden. In dreieinhalb Jahren zieht die Familie viermal um. Beim ersten gemeinsamen Konzert am 24. Oktober wird die Solistin Clara gefeiert, der Dirigent Robert aber genauso wie die von ihm unter anderem aufgeführte Eigenkomposition kritisiert. Grundsätzlich hat Schumann in Düsseldorf mit einem Klangkörper, in dem teilweise Amateure sitzen, wenig Zeit zum Proben und damit nur geringe Chancen auf gelungene Aufführungen.
Der neue Musikdirektor hat Schwierigkeiten mit seinem Umfeld, nicht zuletzt, weil er leise spricht und sächselt. Nach dem Zeugnis eines die älteste Tochter...▸ weiterlesen
Von Eva Weissweiler
Im O-Ton: Uwe Henrik Peters (Psychiater, Neurologe, Schumannforscher), Thomas Synofzik und Michael Heinemann (Mitherausgeber der neuen Schumann-Briefausgabe)
Sprecher: Kornelia Boje (Erzählerin), Martina Gedeck (Clara Schumann), Jens Harzer (Robert Schumann), Leonie Renée Klein, Martin Bross, Gerrit Jansen, Henning Freiberg, Reinhard Becker
Regie: Claudia Johanna Leist
WDR 2016
Künstliche Intelligenz und Robotik: der Stand der Technik
Der Roboter Justin (Foto: DLR)
Die Künstliche Intelligenz boomt. Und 2016 ist, wie wir aus dieser Sendung erfahren, ein Jahr der Erfolge: Zwei Jahrzehnte nach „Deep Blue“ muss sich auch der weltbeste Go-Spieler von einer Software schlagen lassen. Und Roboter mit menschlichen Fähigkeiten sind immer weiter entwickelt. Wie intelligent sind Roboter? Können sie Gefühle haben? Werden sie eines Tages unsere Jobs machen? Dies sind einige der Fragen, mit denen sich diese Sendung befasst.
Ein „Meilenstein für die Künstliche Intelligenz“ (Autorin Jeanne Rubner) war im März dieses Jahres zu vermelden: Ein Computer mit der Software AlphaGo besiegte einen der weltbesten Spieler des asiatischen Brettspiels Go, den Koreaner Lee Sedol. Das Spiel Go ist anders als Schach, wo es allein mit der Rechenleistung der Maschine gelingt, die besten Schachspieler zu schlagen, indem sie die möglichen Züge durchspielt. Bei Go gibt es zu viele Möglichkeiten. Der Computer muss lernen. Und dies war bei AlphaGo zum ersten Mal der Fall – mit einer Technologie, von der noch die Rede sein wird. Frank Kirchner, der Leiter des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz in Bremen, erläutert in der Sendung, die Software habe auch gelernt, indem sie Spielzüge von Profi-Spielern beobachtet und daraus Strategien abgeleitet hat. Sie habe sich...▸ weiterlesen
Von Jeanne Rubner
Im O-Ton: Frank Kirchner, Michael Haag, Alin Albu-Schäffer, Rafael Hostettler, Alois Knoll, Jürgen Schmidhuber, Stefan Schaal, Julian Nida-Rümelin, Arne Manzeschke
Sprecher: Hemma Michel, Peter Veit
Regie: Martin Schramm
BR 2016
Der Psychiatrieprofessor Frank Schneider, damals Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN; 2012 hat sie ihren Namen erweitert), in einer Gedenkveranstaltung im Jahr 2010: „Psychiater haben in der Zeit des Nationalsozialismus Menschen verachtet, die ihnen anvertrauten Patientinnen und Patienten in ihrem Vertrauen getäuscht und belogen, die Angehörigen hingehalten, Patienten zwangssterilisieren und töten lassen und auch selber getötet. An Patienten wurde nicht zu rechtfertigende Forschung betrieben, Forschung, die Patienten schädigte oder gar tötete.“
„Befehlsnotstand“?
Es dauerte lange 70 Jahre und mehrere Generationswechsel, bis die Psychiatrie zur Aufarbeitung dieser dunklen Vergangenheit bereit war und sich ihrer Verantwortung stellte. 2010 beauftragte die DGPPN den Historiker Hans-Walter Schmuhl, „die Rolle der Psychiater an den Zwangssterilisationen und Krankenmorden systematisch zu erforschen. Die Psychiater haben nach dem Krieg jede Schuld von sich gewiesen und beriefen sich auf den Befehlsnotstand“, so die Autorin dieser Sendung Eva Schindele. Schmuhl veröffentlichte 2016 die Ergebnisse seiner Forschung in dem Buch „Die Gesellschaft Deutscher Neurologen und Psychiater im Nationalsozialismus“. Er fand heraus, dass die verantwortlichen Psychiater durchaus nicht auf Druck des NS-Regimes gehandelt hätten. Vielmehr habe das NS-System Wissenschaftlern Handlungsspielräume eröffnet. Die „Euthanasie“ (ein Gedanke schon aus den 1910er und -20er Jahren) wurde breit...▸ weiterlesen