Für sein viertes Hörspiel, das wie alle drei Vorgänger von Kai Grehn inszeniert wurde, wählte Patrick Findeis einen hochaktuellen Hintergrund: das Schicksal syrischer Flüchtlinge – wie es das Handeln einer jungen Familie in Berlin bestimmt, davon erzählt der Autor.
Das Ehepaar Jan und Katharina (Marek Harloff und Karina Plachetka) ist auf dem Sprung in eine gutbürgerliche Existenz. Mit ihrer kleinen Tochter Greta wohnen sie noch in einer Berliner Stadtwohnung, haben sich aber mit dem Kauf eines Hofes in Brandenburg ihren Zukunftstraum erfüllt, für den sie sich mit einem Langzeitkredit hoch verschuldet haben.
Der Syrer Sami (Carlo Ljubek), der in der Nachbarschaft in einem Kiosk arbeitet und den Katharina und Jan seit drei Jahren kennen, bittet sie darum, seinen Bruder Rani für eine gewisse Zeit aufzunehmen. Ranis Antrag auf Asyl in Deutschland wurde abgelehnt und seine Abschiebung nach Rumänien, von wo er kam, angeordnet. Sami will ihn dorthin auf keinen Fall zurücklassen. Jan und Katharina sind einverstanden.
Doch nicht nur Samis Bruder wollte dem Krieg in Syrien entkommen. Samis und Ranis Schwester Noue ist bei ihrer Flucht in Istanbul hängengeblieben – ihr Versuch, von Schleppern geführt nach Griechenland zu gelangen, scheiterte. Nun bittet Sami Jan und Katharina um eine viel waghalsigere Hilfe: Noue soll mit Katharinas Pass, dessen Foto sie sich so ähnlich wie möglich machen will, an Jans Seite, Katharinas Rolle spielend, von Istanbul nach Berlin fliegen. Einer Bekannten Noues sei das bereits mit einem Flug von Istanbul nach Paris gelungen. „Für sowas geht man in den Knast“, protestiert Katharina, die um die Zukunft der Familie fürchtet. Jan aber ist bereit, nach diesem Plan zu handeln und setzt sich gegen seine Frau durch.
Beide, Katharina und Jan, waren bereits zuvor mit der Flüchtlingsproblematik bzw. mit Illegalen konfrontiert worden. Sie in der Arztpraxis, in der sie arbeitet, die einmal in der Woche eine Sprechstunde für Unversicherte anbietet, während der ein junger Mann mit zwei gebrochenen Schienbeinen behandelt werden wollte. Jan erlebte einen Abgeschobenen in einem Flugzeug nach Bukarest, wohin er aus beruflichen Gründen reiste. Dieser Flug war von einer Gruppe Protestierender begleitet, die ein Plakat „Abschiebung verhindern“ hochhielt und Flugblätter verteilte. In diesem Fall war Jan passiv geblieben, was er im Nachhinein bedauerte. Auch das bestärkt ihn, im Fall von Noue „einmal richtig helfen“ zu können.
Die Geschichte wird von Jan, Sami und Katharina erzählt – hauptsächlich in getrennten Monologen, die manchmal auch einen Gedankenstrom wiedergeben. Erzählt wird nicht chronologisch – der Ausgang des Manövers von Jan und Noue etwa ist von Beginn an klar: Jan erhält die Anklageschrift gegen ihn wegen Einschleusung von Ausländern. Die nicht-lineare Erzähltechnik erfordert sehr aufmerksames Hören, um sich über das komplizierte Geschehen und seine Abfolge klar zu werden – dies aber trägt auch zur Spannung des Hörspiels bei.
Die Wölfe des Titels sollen sich im Wald um den Hof in Brandenburg aufhalten – Katharina und Jan haben beide von ihnen gehört.
Kai Grehn inszeniert gewohnt ausdrucksstark – etwa durch stilisiertes Reden von Sami, oder durch Verwenden der arabischen Sprache, in der Worte Noues zu Beginn durch die Stimme Huda Zeins zu hören sind. Auch die Musik – dunkle Gitarrenklänge, ihre Herkunft wird nicht genannt, einige davon Sami zugeordnet – trägt zur Spannung des Hörspiels bei.